Was mir ein Leser bedeutet …

… das ist gar nicht so einfach zu sagen. Ich hoffte früher einmal, der Menschheit die Wahrheit predigen zu können, aber die, an die dies gerichtet wäre, lesen sicher niemals ein Buch von mir. So kann ich aber hoffen, die Gemeinschaft derer zu stärken, die wir zusammen das Eigentliche im Leben lieben und das Gegenmenschliche mit Leidenschaft bekämpfen.

Liebe Leserinnen und Leser, Sie sind Freund, Begleiter, Korrektiv, Resonanzboden, Hilfe, Gegner, Geburtshelfer für Ideen, der Tod falscher mir liebgewesener Vorstellungen. Viele Seiten meiner Bücher tragen die Spuren Ihrer Rückmeldungen. Manche ganze Kapitel sind gar glatt von Ihnen inspiriert. (Dann habe ich es nach Erlaubnis namentlich vermerkt.) Viele Seiten wurden leise und traurig, aber letztlich entschlossen gestrichen. Die Wahrheiten, um die ich ringe, sind ohne Sie nicht wahr. Sie selbst wirken mit an dem, was ich zu erschaffen versuche. Sie helfen mir sehr.

Natürlich stehe ich umgekehrt in der Pflicht, dann auch von mir aus zu helfen. Kann ich das? Das ist mir nie so klar. Ich bin auch ziemlich an die Ideen gebunden, die ich formen möchte. Und deshalb bin ich fast schüchtern zurückzuckend, wenn die eine oder der andere von Ihnen beginnt, mir glühende „Fan-Post“ zu schreiben. Jemand forderte mich neulich auf, jetzt sei es an der Zeit, eine neue Ethik zu schaffen. Sehen Sie, dass ginge für mich noch hin. Aber viele von Ihnen möchten dann sicher, ich solle auch als Person Protagonist sein – also nicht nur der Schöpfer einer Idee, sondern auch ihr Vater und der Vater der Anhänger der Idee.

Na, da weiß ich nicht, ob ich dazu tauge. Im Grunde – ich weiß – müsste ich dazu taugen. Aber wenn ich Ideen in Büchern verbreite, dann sind sie als Geschenk für Sie gedacht – nicht als Forderung, sich den Ideen zu unterwerfen oder sie anzunehmen. Ich spiele wohl noch zu unverbindlich im Garten der Ideen? Wie ein Kind – mit kindlicher Freude? Müsste selbst groß sein wollen?

Aber wenn Sie nun die Ideen aufgreifen?

Einige Leser baten mich um Hilfe bei der Deutung persönlicher Probleme, und ich versuchte mein Bestes. Ich weiß nur nicht, ob darin mein wirklich Bestes liegt … Ich meine, ich mag nicht gern in eine bestimmte Rolle gedrängt werden, aber manchmal spiele ich sie ja doch.

Gunter Dueck
Gunter Dueck

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