Links im Sinnraum
Employee-Value: Mein psychologisch gefühlter Arbeitskontrakt (Daily Dueck 53)
„Helfen will ich! Nicht Apparatemedizin.“ – „Sie haben mir gesagt, ich bekäme weniger Gehalt als woanders, dafür wäre ich unkündbar und bekäme Rente. Alles Makulatur?“ Wir alle haben in unserer Seele etwas gefühlt, als wir einen Beruf ergriffen oder eine Arbeitsstelle antraten. Das will ich hier den impliziten psychologischen Kontrakt nennen, den wir eingingen. Den kündigen uns gerade die Systeme und bieten uns keinen neuen an.
Bankbeamter sein ist der sicherste Job, und man kann im Dorf wohnen bleiben. Ärzte verdienen ein Schweinegeld. Priester sind hoch angesehen im Ort. Pflegeschwestern hellen das Leben der alten Menschen auf und haben einen erfüllten Beruf. So dachten wir. Nun werden Filialen geschlossen, Ärzte bei Niedriglohn verheizt, und ins Altersheim kommen wir alle erst mit Pflegestufe. Wer davon betroffen ist, leidet tief. Das alte Verhältnis löst sich auf, aber es kommt kein befriedigend neues. Wie lange halten wir einen solchen Zwischenzustand aus?
Ich will die ganze Frage einmal ganz hart zuspitzen. Ich erkläre kurz verschiedene Organisationsformen von Unternehmen und deren typische psychologische Arbeitskontrakte. Dann schauen wir, was passiert ist. Als ich es selbst das erste Mal erkannte, rief ich fast „Heureka!“ Mal sehen, wie es Ihnen geht.
Organisationen sind zum Beispiel so:
• Diktatur eines Unternehmers: Die Mitarbeiter müssen
schlicht gehorchen und den Herrn verehren wie die Samurai den Fürsten.
Sie müssen bereit sein, alles zu geben. Der Herr aber sorgt für
sie und ehrt sie als seine treuen Vasallen. Wer schlecht arbeitet,
wird bestraft.
• Großsystem, Konzern, Staatsverwaltung, Amtskirche, Schulen:
Der „Beamte“ dient dem System treu und hält sich
an alle Regeln. Er bekommt für lange treue Dienste immer wieder
ein bisschen mehr Gehalt und später Rente. Das System versorgt
den „Organization Man“ lebenslang und kümmert sich
auch um Hinterbliebene. Wer in diesem System nicht gut arbeitet, wird
unter starke Schuldgefühle gesetzt.
• High Performance Einheit (z.B. Beratungsunternehmen, größere
Kanzleien, Finanzberater, Versicherungsagenten): Jeder arbeitet sich
halb tot für höchste Performance. Die Guten steigen auf,
die Low Performer gehen von selbst. „Up or out“ heißt
das Prinzip. Wer wirklich nach oben kommt, verdient schweres Geld
und ist so etwas wie reich. Jeder arbeitet in der Art einer Ich-AG,
unabhängig, frei entscheidend und total verantwortlich. Bei einem
Scheitern muss er gehen, keiner wird helfen.
• Gemeinschaft unter geteilten Werten (Kloster, „Schweden“):
Die Mitarbeiter leben wie Freunde, helfen sich und bauen gemeinsam
ein starkes soziales System auf, das alle unterstützt. Jeder
muss die gemeinsamen Werte teilen und nach seinen Kräften helfen
und arbeiten, sonst verliert man mit ihm „das Verständnis“.
• Innovative Systeme (Silicon Valley, Technologie-Parks): Jeder
darf dort einer Idee oder einer Innovation nachgehen, alle helfen
sich gegenseitig und arbeiten natürlich ganz getrennt, aber sie
kämpfen nicht miteinander und diskutieren beim gemeinsamen Kaffee
oder bei Pizza. Jeder kommt und geht, wie er will. Totale Freiheit
bei höchster Arbeitsmotivation!
Wenn wir in einer dieser Umgebungen arbeiten, dann haben wir den entsprechenden psychologischen Kontrakt in der Seele. Gehorsam gegen Ehre. Dienen gegen Versorgung. Höchstleistung gegen die Chance, reich zu werden. In der Gemeinschaft sicher arbeiten gegen Beachtung der Werte. Innovation bei Arbeit rund um die Uhr gegen Freiheit, herausfordernde Arbeit und kostenlose Pizza.
Und da fiel mir ein:
Die neuen Organisationen der Zukunft wollen alles gleichzeitig! Nämlich Gehorsam, Dienen, Höchstleistung, ethische Werte und Innovation rund um die Uhr.
Aber Ehre, Versorgung, Reichtum, Gemeinschaft oder Freiheit, Anerkennung und Spaß an der Arbeit geben sie nicht. Dafür bleiben die Maßnahmen gegen die Low Perfomer: Strafe, Schuldgefühlimpfungen des Versagers, Outplacement.
Und das dulden wir?
Unternehmen müssen auch Employee-Value erzeugen, denke ich doch.
Bestimmt auch psychologischen Employee-Value. Das müssen wir
Unternehmen extra klar machen, weil Shareholder-Value nur rein nicht-psychologisch
oder negativ-psychologisch ist, also Lichtjahre von Employee-Value
entfernt.