Links im Sinnraum
Studien enthüllen Millionärsdemenz – Geld macht dumm! (Daily Dueck 187, März 2013)
Jetzt ist es heraus, was wir alle ahnten: Geld macht nicht nur nicht glücklich, sondern führt zu empfindlichen Störungen in der Gehirnentwicklung. Das beweisen neuere Studien, die jetzt möglich wurden, weil es erst seit einigen Jahren genügend viele untersuchungsfähige Superreiche gibt. In der Boulevardpresse wird bestimmt demnächst „Geld macht dumm!“ posaunt – die derzeit noch geheimen Ergebnisse sind absolut signifikant, aber natürlich nicht so überdramatisch.
Ich habe zwei dieser Studien kurz sehen dürfen. Na, eigentlich
nicht, sie lagen unbeobachtet herum. Dabei ist die Sachlage immer
schon klar gewesen: Manfred Spitzer beweist in seinen Vorträgen
und Büchern hirnwissenschaftlich attestiert, dass Londoner Taxifahrer
mit einem Navi schwache Anomalitäten am Gehirn aufweisen, weil
sie sich ja keine Straßennamen mehr merken müssen und bald
auch nicht mehr können. Es endet wahrscheinlich (das erlebe ich
selbst in Deutschland), dass sie nicht einmal mehr die Namen der Straßen
ins Navi eingeben können. Diese schlimme Deformation des Hirns
durch seine Nichtbenutzung wird heute gewöhnlich Digitale Demenz
genannt.
Es gibt aber eine ganz andere Gruppe von Menschen, die das Gehirn
nicht mit Straßennamen belastet. Das sind die Reichen! Die fahren
doch Taxi und lesen dem Taxifahrer ihre Destination vom Blackberry
vor, der sie wie gewünscht dorthin verfrachtet. Millionäre
haben keine Ahnung von Kopfrechnen, weil sie einfach mit großen
Scheinen bezahlen und statt Hirnnutzung immer „stimmt so“
sagen. Dafür sind wir anderen ihnen total dankbar, aber es schadet
ihrem Gehirn. Unser Nutzen ist ihr Schaden. Wenn wir also Trinkgeld
bekommen, bekommt das Wort Schadenfreude eine zweite Bedeutung.
Eine der noch geheimen Studien testet Millionäre auf Gehirnareale,
in denen Arme die Fußballtabellen und Reiche die Börsenkurse
speichern – witzig, dass es am gleichen Ort ist, oder? Reiche
haben deshalb keine Ahnung von Fußball und kaufen gleich die
Vereine anstatt Eintrittskarten. Das Bedenkliche an den Reichenhirnen
wird aber wieder von Google und Yahoo ausgelöst. Man hat die
Börsenkurse jetzt im Handy immer dabei, es gibt Apps, die einem
den Stream der Kurse über Kopfhörer dauernd vorlesen. Deshalb
müssen sich Millionäre immer weniger merken und zeigen folglich
ähnlich Hirnschadensverläufe wie Londoner Taxifahrer.
Millionäre wissen nicht, wie viel zum Beispiel Fertiglasagne
kostet, sie kennen praktisch keine Preise, sondern sie bekommen immer
nur welche. Sie merken sich keine Termine, weil sie dafür eine
Armada von Assistenten um sich scharen. Sie werden von diesen wie
ein unwissender Klotz von Termin zu Termin abgeführt, bekommen
Redetexte in die Hand gedrückt, die andere geschrieben haben.
Die lesen sie vor. Sie sprechen kaum noch mit der Familie, wofür
sie keine Zeit haben. Viele haben neben ihrer Hauptadresse noch einen
BungaBungalow in Italien, wo sie das Hirn einmal vollkommen abschalten
können, nicht nur partiell.
Das alles verstehen Sie doch gleich? Trotzdem ist es gut, diese wie
alle anderen selbstverständlichen Fragen in Studien aufzuarbeiten.
Studien, die etwas Bekanntes zutage fördern, können nicht
in Doktor-Aberkennungsverfahren enden, weil es nicht abgekupfert ist,
sondern schon vorher normal klar war. Trotzdem ist es gut, dass alles
wissenschaftlich festgestellt wird. Wer jetzt reich wird, weiß
nun, was ihm blüht: Millionärsdemenz.
Schauen Sie sich um! Sie werden überall erstes Sprießen
von Millionärsdemenz erkennen, die ja schon ganz ohne Studien
zum Untergang des Römischen Reiches geführt hat: Das Wohlleben
war es, schreiben die Geschichtsbücher, das Lotterleben, die
Hurerei! Diese Entwicklung des Verfalls der Hirne und Werte erleben
wir heute wieder. Nur die Armen haben noch so viel Hirn, dass sie
das Problem sehen können. Gehen Sie doch einmal zu einem Millionär
und stellen Sie ihm die dramatischen Schwierigkeiten des Lebens dar.
Er wird wahrscheinlich antworten: „Ich verstehe nicht, wo das
Problem ist.“ Das sind Floskeln schon einigermaßen schwer
Geschädigter.
Wie gehen wir nun gegen Millionärsdemenz vor? Wie verhindern
wir „degeneriert adliges Verhalten“? Wie den Lebensüberflussüberdruss
der dementen Reichen? Sie müssen sich wieder kümmern müssen.
Aber worum? Lassen wir sie nun selbst Taxi fahren? Zwingen wir sie
zum Studieren von Börsenkursen in Printmedien? Lassen wir sie
auf alle Annehmlichkeiten verzichten? Entfernen wir ihre Dienerkorona,
damit sie wieder selbst den Gürtel enger schnallen können?
Suchen sie sich jetzt ihre BunganossInnen selbst aus? Diese Antworten
sind in den Studien nicht zu finden. Die Wissenschaftler suchen noch
nach Superreichen, die als Probanden dienen könnten…