Links im Sinnraum
Facebook ist klar, aber was passiert auf Moneyhooked.com? (Daily Dueck 148, August 2011)
Ich will unbedingt herausfinden, wie sich die Spekulanten im Netz zusammenrotten, um Kurssprünge zu erzeugen. Es müssen viele sein, denn sie schweigen alle. Neulich fand ich endlich jemanden, der redete. Nicht viel. Er behauptete, keine Ahnung zu haben. Das war sehr verdächtig!
Ich interviewte ihn. Mich quält nämlich etwas: Auf der
Titelseite des Handelsblattes vom 11.8. 2011 heißt es: „Die
Stunde der Spekulanten. An den Finanzmärkten regiert sein Tagen
die organisierte Unvernunft. Während private Anleger Milliardenverluste
erleiden, laufen die Spekulanten gerade zur Höchstform auf.“
Was bitte, heißt „organisiert“? Was steckt dahinter?
Ich befragte den Verdächtigen deshalb so hartnäckig, wie
ich nur konnte.
„Kennen Sie www.moneyhooked.com?“ – „Nein.
Was ist das?“ – „Wenn man es aufruft, steht da,
dass es die Website nicht gibt. Was denken Sie da?“ –
„Wieso?“ – „Moneyhooked heißt auf Deutsch
verrückt nach Geld, fällt da bei Ihnen kein Groschen?“
– „Nein.“ – „Na, die oder Sie verbergen
sich doch, oder?“ – „Sie sagen aber, das man nicht
rein kann, oder nicht, wenn es die Website nicht gibt? Was soll ich
da sagen?“ – „Aha, Sie wissen also doch etwas. Es
kann ja ein Trick sein, damit sich da kein Unbefugter einloggt. Das
Einloggen könnte doch in transparenten Buchstaben designt sein,
man muss also genau die richtige Stelle finden, wo man sein Passwort
eingibt.“ – „Aha, schlau…“ – „Sehen
Sie, Sie wissen doch etwas. Ich glaube, dahinter ist so eine Art Kontaktportal,
in dem sich die Spekulanten treffen und dann gemeinsam gegen vorher
geplante Ziele verabredet vorgehen. Stimmt das?“ – „Da
fragen Sie was, nein. Ich weiß nichts.“ – „Dachte
ich doch. Die Spekulanten verabreden sich da wie die Demonstranten
bei Facebook, gegen Staaten zu wetten oder den Goldpreis hochzujubeln.
Jeder macht mit seinem eigenen Geld ein kleines bisschen etwas, dadurch
verändert der Markt die Richtung. Die naiven Markteilnehmer,
die von den Moneyhooked nichts wissen, sind irritiert und reagieren
wie ge-plant. Dadurch kann man sie dann durch Gegengeschäfte
abzocken.“ – „Aber das sagen doch nur Sie! Ich habe
damit nichts zu tun! Ich weiß nur, dass sie so etwas bei Facebook
schon gemacht haben, um Hitlisten zu manipulieren. Jeder hat einen
verabredeten doofen Song für 99 Cent gekauft, und sofort schoss
dieser Song auf Platz 1. Verstehe, das geht mit Aktien oder Devisen
natürlich auch. Kann da jeder mitmachen?“ – „Na,
nicht jeder! Nur die, die mitmachen wollen.“ – „Also
keine Polizei oder Presse?“ – „Nur die, die mitmachen
wollen, das hat nichts mit Polizei zu tun.“ – „Verstehe,
die also auch, aber das spekulieren jetzt alles Sie, oder?“
– „Ich suche jemanden, der meinen Verdacht erhärtet,
und Sie sehen aus, als wüssten Sie was.“ – „Nein,
tut mir leid, aber jetzt, wo Sie immer so fragen, finde ich die Sache
sehr interessant. Das wäre ja lustig. Die ganze Armee läuft
derzeit hinter ein paar armseligen Smartphonies her, die sich im Netz
verabredet haben, um einen Kiosk in Liverpool zu plündern. Verstehe.
Dann denken jetzt Sie, dass es ganz genauso mit einem geheimen Portal
geht, aber man plündert so richtig, oder? Da verabreden die sich
alle, einen Staat zu plündern? Oder die Rentenkassen? Vom Plündern
habe ich schon mal was gehört, das Wort heißt Leergeschäft,
oder?“ – „Nein, das ist legal. Sie sagen auch nicht
Plündern dazu, sondern Absichern. Privatleute dürfen das
nicht, nur – äh – die – äh – ja,
lassen Sie mich nachdenken.“ – „Da könnten
doch auch Leute Geheimnisse im Portal verraten, so dass alle Geld
davon machen. Da haben sie neulich welche erwischt und bestraft.“
– „Blöd ist das! Blöd! Man kann doch die Umsätze
in einer Aktie rund um entscheidende Ereignisse wie eine Verlustmeldung
genau verfolgen! Man merkt dann immer, wer die Info verraten hat.
Aber bei moneyhooked.com machen sie doch die Geheimnisse selbst! Das
ist der Trick, den sie bei den Demonstranten gelernt haben.“
– „Oder andersherum? Ein Spekulant hat es den Plünderern
verraten?“ – „Und die Polizei ahnt nichts!“
– „Sie haben technisch vom Internet keinerlei Ahnung,
sie suchen bei der Polizei immer nur nach Fotos.“ – „Das
sage ich ja! Ich habe den Verdacht, dass es ganz neue Verbrechen gibt
– und die Polizei sucht weiterhin quasi nach Schmugglern, denen
sie den Alkohol und die Zigaretten wegnehmen will.“ –
„Und zur selben Zeit klauen die Moneyhooked dem Staat ein A
im Rating weg, oder? Ist Ratingdiebstahl verboten? Nein, oder? Aha,
jetzt merke ich, worauf Sie hinauswollen. Es könnte gut sein.“
– „Mein Verdacht?“ – „Nein, Ihre Idee.
Man könnte Kriege durch das Stehlen von A’s ersetzen. Gute
Idee. Vielleicht ist die Domain moneyhooked.com noch zu haben? Haben
Sie versucht, sie zu kaufen? Dann wissen Sie doch, dass es kein geheimes
Portal ist.“ – „Ja, ich habe nachgeschaut, ob die
Domain zu kaufen ist.“ – „Und? Ist sie belegt?“
– „Nein. Das finde ich sehr verdächtig, deshalb frage
ich Sie ja.“ – „Wissen Sie was? Ich werde der Sache
nachgehen. Ich bin empört, dass Sie mich die ganze Zeit so dumm
verdächtigen. Ich kaufe mir die Domain und zeige Ihnen damit,
dass ich unschuldig bin.“ – „Und was wollen Sie
damit tun, wenn sie Ihnen gehört?“ – „Ihnen
allen zeigen, wie blöd Sie alle sind.“ – „Na,
wenn überhaupt einer blöd ist, dann bin ich blöd, nicht
alle, dann war mein Verdacht dumm.“ – „Haha! Nein,
alle sind blöd! Nur ich nicht! Dummdideldumm.“
Er hüpfte übermütig weg. Er feixte vor sich hin und
ruderte mit den Armen in der Luft. Er schien etwas vorzuhaben. Ich
schlich ihm nach…
Bis demnächst! Ich finde bestimmt alles heraus, da bin ich sicher.
Ich glaube nämlich, dahinter steckt am Ende die Unsichtbare Hand,
die in der Wirtschaftstheorie bei Adam Smith erwähnt wird und
die angeblich das Geld im Markt in ein gewünschtes Gleichgewicht
bringt, indem sie Spekulationsblasen und Crashs verabredet. Und es
stimmt dann natürlich, dass der Staat dabei nur stört. Der
würde moneyhooked.com verbieten wollen! Der Staat ist ja die
Sichtbare Hand, die immer noch gute alte Polizeiknüppel führt
und mit Wasser spritzt, um das unsichtbar gleichgewichtig verteilte
Eigentum zu schützen. Die Sichtbare Hand schützt die Unsichtbarkeit
der Unsichtbaren Hand, aber mehr soll sie nicht tun. Aber bevor ich
das nicht alles beweisen kann, bin ich Spekulant.