Frauenquote und Wirtschaftsauffassung (Daily Dueck 136, März 2011)

Wirtschaft ist, laut Brockhaus, die „Gesamtheit aller Einrichtungen und Tätigkeiten zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse an Gütern und Dienstleistungen.“ Spätestens seit Alfred Rappaport’s Buch Creating Shareholder Value (1986) ist Wirtschaft vielleicht „die Gesamtheit aller im harten Wettbewerb untereinander unternommenen Anstrengungen, den Wert der eigenen Unternehmen zu steigern.“ Einmal geht es um Menschen, das andere Mal um Geld und Macht. Sie wissen schon, was ich damit andeuten möchte?

Frauen vertrauen im Durchschnitt mehr dem Urteil ihrer emotionalen Intelligenz, Männer im Durchschnitt mehr ihrer analytischen Intelligenz. Diese beiden Intelligenzen kommen zu verschiedenen Wirtschaftsauffassungen. Der EQ verhilft zur Einsicht der Kooperation, der kalt berechnende IQ kämpft offen um seinen Vorteil. Ich kann das hier nicht in Kürze wissenschaftlich beweisen, ich belasse es hier bei einem illustrierenden Beispiel, das Sie alle kennen.

Ein Mensch („Innovator“) hat eine Karte, in der ein Goldschatz in der Südsee verzeichnet ist. Er muss nun einen Schiffseigner („Investor“) und einen im Pazifik erfahrenen Kapitän („Unternehmer“) finden, die mit einem Schiff hinsegeln und den Schatz holen. Dazu heuern sie Matrosen zum Mindestlohn an und stechen in See. Für die Schatzsuche braucht man viel Gerät und etliche zusätzliche Menschen mit entsprechenden Fähigkeiten („Skills“) – das alles ist für die Rückfahrt nicht notwendig, es wird also nach dem Bergen des Schatzes notwendig sein, einen Großteil der Mannschaft am Zielort in die Arbeitslosigkeit zu entlassen. Das merken die Matrosen, es kommt zu Meutereien beim Bergen des Schatzes. Die Matrosen fordern einen Leistungsbonus, der aber nicht in den Zielvereinbarungen eingeplant war. Man muss jetzt viele Matrosen wegen Vertrauensverlustes vorzeitig entlassen oder mit Methylalkohol versorgen. Ein großer Teil des Schatzes kann endlich trotz vieler Diebstähle absolut gieriger Arbeitnehmer an Bord gebracht werden, man kehrt nach Plymouth zurück. Endlich ist die englische Küste in Sicht, da schenkt man mehr und mehr Matrosen ein paar Goldstücke und ein Rettungsboot, weil nun das ganze Unternehmen entschlackt werden kann. Das betriebsnotwendige Kapital wird optimiert. Zum Schluss läuft das Schiff mit Steuermann und zwei Matrosen zum Antauen ein, die zwei oder drei Initiatoren teilen sich das Geld wie vorgesehen – der Schatzkarteninhaber schafft die Rückfahrt meist nicht.

Oder, das passiert aber nie im Film, es läuft sozusagen im falschen Film: Der Schatzkarteninhaber heuert alle an, sie kaufen eine Menge Orangenkisten für den Startup und stechen fröhlich in See, weil der Schatz wahrscheinlich für alle bis zum Lebensende reicht. Sie finden den Schatz auch gleich und segeln alle wieder zurück. In Plymouth bekommen der Initiator, der Investor und der Kapitän die eine Hälfte, die andere wird relativ gütlich verteilt. Jetzt gehen alle auseinander, die Matrosen heiraten vielleicht eine ihrer verschiedenen Hafenstandortfrauen, saufen ein paar Jahre, laden alle ein oder kaufen Schiffsanteile.

Was will ich damit sagen? Man kann ein Unternehmen hart leistungsorientiert führen oder emotional intelligent. In der Spieltheorie spricht man von kooperativen und nicht-kooperativen Strategien. Bei den kooperativen Strategien gewinnen alle Teilnehmer zusammen in der Regel mehr als bei nicht-kooperativen Strategien. Das ist doch sonnenklar, oder? Der Unterschied ist, dass bei nicht-kooperativen Spielen manche sehr viel gewinnen und sehr viele nichts. Bei kooperativen Strategien gewinnen alle zusammen viel mehr, aber man muss den Gewinn gleichmäßiger verteilen, damit die Kooperation beibehalten wird.
Wettbewerb ist also gut für die, die gerade gewinnen. Kooperation ist dagegen für fast alle anderen besser – die Leistungsträger werden im kooperativen System dafür geliebt oder verehrt.

Was ist besser? Der harte analytische Verstand beharrt auf dem reinen Leistungsprinzip, dass sich der Stärkste durchsetzt, auch dadurch, dass er anderen Marktanteile wegnimmt. Die emotionale Intelligenz setzt mehr auf Teamlösungen und erarbeitet einen größeren Kuchen als der analytische Verstand, verteilt ihn dann aber gutmütig.

Wer will diese kooperative Auffassung? Die wollen im Allgemeinen mehr die Frauen, sehr viele Unternehmer im Mittelstand, IT-Startups, Google oder Facebook. Das wettbewerbsorientierte Leistungsprinzip mit Slogans wie „Wer in einem schrumpfenden Markt wachsen will, muss anderen etwas wegnehmen“ ist aber das beherrschende Managementprinzip des Shareholder-Value-Gedankens, der eher von Männern geteilt wird. Es gibt schon seit vielen Jahren Bestseller wie Coopetition – kooperativ konkurrieren (1996) von Adam Brandenburger und Barry Nalebuff, die seit langem eine „Economy of Peace“ statt einer „of War“ propagieren. Passiert etwas?

Das kooperative Konzept des Unternehmens als Familie liegt statistisch gesehen (siehe voriges DD) mehr den Frauen, das nicht-kooperative des Konkurrenzdenkens zum Zwecke des Antreibens mehr den Männern.
Wenn man nun eine Frauenquote im Management einführt, steht die „richtige“ Wirtschaftsauffassung zur Diskussion, nicht mehr und nicht weniger. Eine solche Diskussion steht aber heute fast unter Tabu. Werden Frauen mit eine kooperativen Auffassung einfach so ins Top-Management wollen und dabei undiskutiert einfach die kämpfenden Normen übernehmen? Glaube ich nicht! Kann eine einzelne oben angekommene „Quotenfrau“ überhaupt diese Diskussion führen, die sich dazu auch den abschätzigen Blicken der kämpferischen nicht-kooperativen Kolleginnen ausgesetzt sieht? Glaube ich nicht!

Diese Diskussion sollten wir alle zusammen neu führen. Kooperativ? Oder hässlich? In welchem Film wollen Sie sitzen?

Gunter Dueck

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