Links im Sinnraum
Fragebogengeometrie und das Template-Problem (Daily Dueck 108, Februar 2010)
Immer wieder dieses alltägliche Ärgernis mit den Fragebögen! Ich schlage einen neuen Bachelor-Studiengang in Fragebogengeometrie vor oder das Anlegen einer großen Musterbibliothek an brauchbaren Fragebögen im Internet. „Fragebogen-Gestaltung for Dummies“, ja, das brauchen wir.
Ich reise ja viel und in jedem Hotel bekomme ich einen Fragbogen, der gefühlte 100 Felder für alles Mögliche enthält, aber sie wollen aber immer nur „Name, Adresse, Unterschrift“. Die Felder dafür sind nicht etwa oben auf dem Bogen, sondern so verstreuselt, dass man extra das ganze Empfangspersonal braucht, damit sie uns durch Kreuzchen auf dem Fragebogen den Weg weisen.
Ich weiß ja nicht, ob die Felder für die 100 Einträge
gut designt sind, die Namensfelder sind es meist nicht. Da muss es
doch möglich sein, so etwas wie Annemarie-Florence Leuthäuser-Schnarrenberger
einzugeben? Passt aber nicht hin.
Die DHL hat in der letzten Zeit mal wieder die Paket-/Päckchen-Aufkleber
geändert, da sind also wie-der Felder für Name, Adresse,
PLZ + Ort. Leider sind Postleitzahl und Ort auf einer Zeile, so dass
für den Ort nur wenig Platz ist. Ich wohne in Neckargemünd-Waldhilsbach.
Und nun?
Wenn Sie in die USA fliegen, müssen Sie ein grünes Formular ausfüllen. Touristen dürfen nicht einfach die Adresse eintragen, sondern sie müssen auch das Hotel nennen, in dem sie untergebracht sind. Das heißt dann „Intercontinental-South-Westchester“ und hat eine ebenso lange Adresse, die nie und nimmer in die Raster passt. Es gibt genaue Vorschriften, wo man die ganze Adresse dazwischenklemmen muss, damit es ordnungsgemäß daneben steht.
Bitte – das sind nicht irgendwelche Fragebögen, sondern die meistgebrauchten in der Welt. Wer verzapft die denn? Ist es unklar, wie lang ein Geburtsname oder ein Wohnort ist? Das schrecklichste Desaster erlebte ich bei meiner Hausbank, die im Internet das Feld für die immer achtstellige Bankleitzahl auf nur sechs Stellen auslegte, so dass beim Eintippen der siebten und achten Ziffer die erste und zweite hinter der Eingabemaske verschwanden. Ich erwähnte das bei Vorträgen vor dem höheren Management dieser Bank, aber dieser Designfehler blieb noch über ein Jahr im Netz.
Haben auch Sie so genannte „Templates“ oder Mustervorlagen
für Ihre professionellen Präsentationen? Die Gleichheit
der Präsentationen auf ermüdend langen Tagungen gibt das
Gefühl eines einheitlichen Designs. Es ist wichtig, dass alle
professionellen Vorträge gleich aussehen, damit sie lebendig
rübergebracht werden können. Jeder Veranstalter denkt sich
deshalb ein so sehr strotzendes Template aus, dass die Präsentation
auch schon ohne Inhalt tiptop ausschaut. Ich stöhne immer, weil
ich schöne Fotos auf Folien habe, die dann in ein befohlendes
Grundorange oder Giftgrün eingefügt werden müssen.
Aus ästhetischen Gründen muss ich wohl jede Präsentation
in allen Farben erstellen?
Noch schlimmer sind Excel-Vorlagen, in denen die Zahlen in jedem Meeting
anders dargestellt werden sollen… Überall rennen Menschen
durch die Gänge, weil jetzt für jeden Bankkunden auch die
aktuelle Nagellackfarbe erfasst werden muss, die nach neuen Beratererkenntnissen
mit dem Rohgewinn korreliert…
Wollen wir uns nicht einmal über die Grundzwecke klar werden?
Oder gesunden Menschenverstand einklagbar machen? Auf Erfahrung und
Kontinuität setzen? Oder wollen wir weiterhin das Design unseres
Lebens von erstkreativen Anfängerwerkstudenten und topehrgeizigen
Präsentationsdesignfirmen diktieren lassen?